Hallo liebe Leute,

hier der Beginn meines Berichts von der Wanderung ins „Russenlager“eigentlich einem sowjetischen Lager, das von einer im Ursprung ganz und gar nicht russischen Armee betrieben wurde. Die 46. Armee, hatte ihren Ursprung im südlichen Kaukasusgebiet und setzte sich sicher nur zu einem geringen Teil aus ethnischen Russen zusammen, der Großteil waren sehr wahrscheinlich Angehörige der Kaukasischen Völker. Diese 46. Armee hinderte die Deutsche Wehrmacht an der Überquerung des Kaukasus-Gebirges und kämpfte sich über Krasnodar – Luhansk – Charkiw – Dnipro – Krywvj Rih – Odessa – Bukarest – Budapest – Wien im Rahmen der geplanten Prager Opertion bis zu uns vor. Hier die 46. Armee und ihr Weg auf einer russischen Internetseite (auf Russisch, daher gegebenenfalls mit einem Browser mit Übersetzungsfunktion öffnen, wie Microsoft Edge): 46. Armee bei pamyat-naroda.ru.

Nachdem die Prager Operation nach der Kapitulation der Wehrmacht (am 8. Mai um 24 Uhr) zum Glück nicht mehr stattfand, positionierte die Armee ihr Reserveregiment bei uns. Dieses Reserveregiment, das 235. Armee-Reserve-Schützen-Regiment der 46. Armee der 2. Ukrainischen Front, wickelte schließlich hier das ab, was es am besten konnte: die Wiedereingliederung, bzw. Repatriierung von Verletzten, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern. An die 80.000 befreite sowjetische, polnische und andere Kriegsgefangene wurden in den 7 Wochen des Aufenthaltes des Regiments „durchgeschleust“ und nach Hause geschickt.

Durch die riesige Entlausungsstation am Bach oberhalb Wultschaus müssen also rechnerisch rund 2.000 Menschen pro Tag gegangen sein. Ihnen wurde alles abgenommen, auch das was sie teilweise bei ihren „Dienstherren“ als Wiederaufbauhilfe für zu Hause bekommen oder gestohlen hatten (oft ganze Gespanne, Bettzeug, Kleidung, usw.) und verbrannt. Danach wurden sie durch die Entlausung geschickt und aus den riesigen Kleiderkammern neu eingekleidet und nach Hause gebracht. Auch jene, die hier bleiben wollten mussten gehen. Besonders die Sowjetbürger wurden als „Volksverräter“ gnadenlos abgeführt und sehr, sehr oft in Lager gesteckt. Denn Kriegsgefangener konnte man nur sein, wenn man sich ergeben und so sein Land verraten hatte.. Immer wieder findet man in den Geschichten der Soldaten, die wir gesichtet haben, das Argument, sie wären bei der Gefangennahme ohnmächtig und somit wehrlos gewesen. Besonders schlimm soll es jenen ergangen sein, die als Zwangsarbeiter in Waffenfabriken arbeiteten und die somit in den Augen der Sowjets aktiv mithalfen eigene Bürger zu töten.

Begonnen haben wir die Wanderung bei der Holzmühle, wo wir versucht haben den Leuten einen Eindruck des bedrückenden Gefühls herzustellen, das Anfang Mai 1945 geherrscht hat. Dazu haben wir den letzten Bericht der Wehrmacht vom 9. Mai 1945 abgespielt, dem Tag an dem der Hauptstrom der Wehrmacht flüchtend durchgezogen ist. Die deutschen und die verbündeten slowakischen und ungarischen Soldaten wollten so der Gefangenschaft in der Sowjetunion entgehen und sich den Amerikanern in Westböhmen, bzw. Oberösterreich ergeben.

Man konnte sich ausmalen, wie das Gefühl gewesen sein muss, als man erfuhr, dass die Wehrmacht kapituliert und die „Russen“ von deren Vorgehen die ärgste Gräuelpropaganda verbreitet wurde nun in die „schutzlosen“ Gebiete einmarschieren würde. Die Wehrmacht flüchtete und man musste hier bleiben! Diese Zeitspanne war unvergesslich. Auch meine Großmutter hat dazu einen Eintrag in ihrer Lebensgeschichte gemacht:

1945 als der Krieg zu Ende war hörten wir Tag und Nacht nur das Motorengeräusch vom Rückzug der Wehrmacht – das war unheimlich.

Tatsächlich setzten sich die Wehrmachtseinheiten auch durch unsere Gemeinde ab. Bei dieser Flucht wurden am Berg zwischen Wultschau und Harbach eine Unzahl an gezogenen Geschützen neben der Straße zurückgelassen. Das Gewicht sollte die Flucht nicht mehr verlangsamen. Zuerst versuchten die Soldaten über Scheiben (Šejby) in Böhmen zu entkommen. Die Hauptverbindung zwischen Gmünd und Freistadt wurde nämlich nach dem Anschluss Böhmens und Mährens über heute tschechisches Gebiet über Gratzen (Nové Hrady) und Kaplitz (Kaplice) ausgebaut nicht wie heute über Karlstift. Hier ein Bericht aus Scheiben, der auch schon über das kommende Unheil der Vertreibungen aus Tschechien berichtet: Familienvertreibung

Angeblich kamen aber auch Wehrmachtseinheiten wieder zurück aus Südböhmen. Denn dort hatten sich schon erste wilde unorganisierte „Partisanengruppen“ gebildet, die mit weggeworfenen deutschen Waffen erste Gräueltaten begingen. Außerdem war eine SS-Einheit in Böhmen nach Westen unterwegs, die ein Massaker in Schweinitz (Trhové Sviny) anrichtete und die bei einer kurzen Rückkehr den Lehrer, den Feuerwehrhauptmann und den Bürgermeister von Gratzen (Nové Hrady) öffentlich hinrichteten. In beiden Orten war die friedliche Übergabe vorbereitet worden.

Vielleicht aus diesem Grund kamen laut Aussagen von Zeitzeugen einige Wehrmachtseinheiten ein wenig später wieder über Scheiben (Sejby) aus Böhmen zurück und versuchten die Flucht über Österreich. Dabei blieben auf dem Hirschenwiesberg eine Menge Fahrzeuge liegen, als die Einheiten über die Schwarzau nach Oberösterreich gelangen wollten. Hier ein Film über die Flucht aus Westböhmen, der wohl auch die damalige Situation bei uns  beschreibt.

Ich werden nach und nach den Bericht ergänzen. Bitte wieder reinschauen:-)
Danke für das riesige Interesse!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch Anklicken des Buttons bestätige ich, die Kommentarregeln der Website gelesen zu haben.