Warum zog Margit Göll nicht in den Landtag ein?

Für das Nicht-Erreichen des Landtagsmandates sind vor allem drei Dinge entscheidend gewesen:

  1. Der Bezirk Gmünd hat als einwohnerschwacher Wahlkreis nur das Anrecht auf ein einziges Grundmandat. Der Anspruch auf die Grundmandate wird mit dem Hare´schen Verfahren errechnet (siehe unten), das die einwohnerstarken Kreise bevorzugt. In Wahlkreisen mit nur einem Grundmandat muss man 66.7% der Stimmen erreichen um einzuziehen, was ja fast unmöglich ist. Im Kreis St.Pölten (dieser Wahlkreis hat 6 Grundmandate) muss man im Gegensatz dazu nur 15,4% für ein Grundmandat erreichen. Die SpitzenkandidatInnen der kleineren Bezirke können somit realistisch keinen Rechtsanspruch auf das Grundmandat schaffen und sind daher auf die freiwillige Berücksichtigung durch ihre Partei angewiesen. Die ist wiederum nur mit der nötigen „Gefügigkeit“ zu erreichen. Das bedeutet eine weitere Schwächung der Anliegen der kleineren Bezirke.
  2. Die VP hat in unserem Wahlkreis hinter Amstetten, Scheibbs und Zwettl mit -13,5% die viertgrößten Verluste in Niederösterreich erlitten. (Niederösterreich-Schnitt: -9,7%)
  3. Endgültig zum Mandatsverlust für Margit Göll hat aber wohl die Einbuße von knapp -55% der persönlichen Vorzugsstimmen von 6.408 auf 2.908 geführt. Diese herbe Reduktion auf weniger als die Hälfte der persönlichen Wahlstimmen hat vermutlich das Schicksal unseres VP-Bezirksmandates besiegelt. Der Anteil der VP-Vorzugsstimmen an den gültigen Wahlkreisgesamtstimmen war damit auch niedriger als in den anderen Kleinbezirken. Hier ein Link zur Auflistung aller Vorzugsstimmen bei dieser Wahl.

Auch das Ergebnis in unserer Heimatgemeinde wo -15,0% eingefahren wurden, ist natürlich sehr ernüchternd. Ganz besonders negativ sticht ein Ergebnis hervor: der Verlust der relativen Mehrheit in der Ortschaft Harbach , wo nun die FPÖ die stärkste Partei ist! Die Partei hat Margit Göll aber nicht mit ihrem Verlust allein gelassen, sondern sie in den Bundesrat entsandt. Schon im Vorfeld der Entscheidung versicherte Martina Diesner-Wais als Bezirkschefin der ÖVP in einem NÖN-Artikel:

Ich bin zuversichtlich, dass ein Weg zu einem Mandat für Margit Göll gefunden wird.

Ein Mandat für den Bezirk von einer anderen Partei?

In den nächsten Tagen wird sich übrigens entscheiden, ob der Bezirk mit Mag. Anja Scherzer, einer FPÖ-Politikerin aus Amaliendorf, im Landtag vertreten sein wird.

 

Für echte Spezialisten: Die Ermittlung der Mandate für den Landtag 2023

Die Vorgangsweise ist folgende:

1.   Die Wahlkreis-Grundmandate werden anhand der letzten Volkszählung so festgelegt, dass die 56 Mandate über die Kreise entsprechend ihrer Bevölkerung verteilt werden.

2.    Die nötige Stimmenzahl für ein Grundmandat wird mit dem Hare´schen Verfahren ermittelt. Dabei werden die abgegebenen Stimmen jedes Wahlkreises durch die (Zahl der Kreis-Grundmandate + 0,5) dividiert.

3.    Diese Vorgangsweise führt dazu, dass in den Kreisen mit nur einem einzigen Grundmandat 66,7% der Stimmen für eine Partei zur Erringung des Grundmandats nötig sind!! Bei 2 Grundmandaten reduziert sich der notwendige Stimmanteil pro Mandat auf 40,1%      /      bei 3 auf 28,6%      /      bei 4 auf 22,3%      /      bei 5 auf 18,2%      /      bei 6 auf 15,4%.    Hier in der Tabelle die erreichten Grundmandate in grün. Die Stimmenzahlen sind höher als die nötigen blauen Wahlzahlen. Die roten Zahlen zeigen die Bezirke an, wo kein Grundmandat erreicht wurde, das sind alle mit nur einem vorgesehenen Grundmandat. Das ist eindeutig nicht gerecht. In unserem Bezirk hätte die stärkste Partei 14.589 Stimmen gebraucht statt der erhaltenen 8.852.

4.    24 Mandate wurden in den Wahlkreisen durch Direktmandate verteilt. Eine Partei, die nicht in allen Kreisen kandidiert, kann nur durch Direktmandate aus den Kreisen in den Landtag kommen.

5.    56 Mandate werden insgesamt an die Parteien vergeben, die die 4%-Hürde übersprungen haben und einen Gesamt-Landeswahlvorschlag eingebracht haben.

6.    Das passiert mit den d´Hondtschen Verfahren. Bei diesem Verfahren werden (wie bei unseren Gemeinderatswahlen) die Stimmenzahlen wie in der folgenden Tabelle dividiert und die höchsten 56 Zahlen erhalten die 56 Mandate. Direktmandate einer Partei die nur in einzelnen Wahlkreisen kandidiert, müssten abgezogen werden, das ist auch 2023 nicht gelungen, daher bleibt es bei 56 zu verteilenden Mandaten.
23 gingen an die VP, davon 16 Direktmandate
12 an die SP, davon 2 Direktmandate
14 an die FP, davon 6 Direktmandate
4 an die GRÜNEN
3 an die NEOS

7.    Die 9 Regierungssitze werden im Proportionalsystem auch mit d´Hondt auf die Parteien mit den 9 höchsten Zahlen verteilt.
4 gingen an die VP
2 an die SP
3 an die FP

Die VP hat laut Stimmenanteil gesamt 23 Mandate errungen, davon wurden 16 Grund- oder Direktmandate in den Wahlkreisen verteilt, es bleiben also noch 7 Mandate für die Landesliste, bzw. vorgezogene Wahlkreiskandidaten. Nachdem Margit Göll den fast unmöglichen Einzug über ein Direktmandat nicht geschafft hat, wäre sie angewiesen gewesen auf eine Vorreihung vor die Landesliste.

Die SP hat 12 Mandate errungen, davon wurden 2 Grundmandate in den Wahlkreisen verteilt, es blieben noch 10 für die Landesliste, bzw. vorgezogene Wahlkreiskandidaten

Die FP hat 14 Mandate errungen, davon wurden 6 Grundmandate in den Wahlkreisen verteilt, es blieben noch 8 für die Landesliste, bzw. vorgezogene Wahlkreiskandidaten

Die GRÜNEN haben 4 Mandate errungen, davon kein Grundmandat, es blieben alle 4 für die Landesliste, bzw. vorgezogene Wahlkreiskandidaten. Durch die 4 Mandate erreichen die GRÜNEN den Club-Status, was rund 400.000€ Clubförderung bedeutet.

Die NEOS haben 3 Mandate errungen, davon kein Grundmandat, es blieben alle 3 für die Landesliste, bzw. vorgezogene Wahlkreiskandidaten. Auf das 4. Mandat und somit den Club-Status samt Förderung fehlen den NEOS nur 1.930 Stimmen.

Von Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch Anklicken des Buttons bestätige ich, die Kommentarregeln der Website gelesen zu haben.