Liebe Leser,

auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir hier den Brief eines Freundes des Gartens der Menschenrechte.

 

Liebe Freunde, Bekannte und Gleichgesinnte

Die Gemeinde Moorbad Harbach hat aufgrund eines protestierenden Touristen im Garten der Menschenrechte in Lauterbach eine Infotafel abmontiert und verstaut sie seither im Keller des Gemeindeamts.

Der Grund: Die Tafel präsentiert ein Zitat des Sonderbeauftragten für Menschenrechte bei den Vereinigten Nationen, Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, in dem dieser sich eine kritische aber unbestreitbare Anmerkung zur Lage der Menschenrechte in Österreich erlaubt. Konkret ging es um den von der Bürgermeisterin nicht tolerierten Passus „Im gegenwärtigen politischen Klima der Ausländerfeindlichkeit in Österreich“(, Europa und vielen anderen Regionen der Welt…)“.

Ich meine: Es ist nicht hinzunehmen, dass eine Gemeinde Tafeln entfernt, die der Meinung eines Gastes oder auch evtl. der Bürgermeisterin nicht entsprechen. Die Informationstafel gibt nicht die Ansicht eines Laien, sondern die eines höchst anerkannten und erfahrenen Menschenrechtsjuristen wieder. Es soll nicht durchgehen, dass der öffentliche Diskurs durch Entfernen von Infotafeln „per Schraubenzieher“ bekämpft wird. Da soll man auch den Anfängen wehren.

Ich habe daher der Tafel politisches Asyl gegeben und habe ihren Inhalt ausgedruckt und vor meinem Haus ausgehängt – da hängt sie so lange, bis das Original wieder im Garten der Menschenrechte zurückkehrt. Bitte überlegt, ob Ihr das auch tun möchtet. Es wäre ein Zeichen für die Bereitschaft der BürgerInnen, Menschenrechte und Demokratie zu verteidigen, wenn nun diese abmontierte Tafel an fünf oder zehn Orten im Waldviertel wieder neu auftaucht.

Ich lege diesem Brief die Datei der Tafel bei (leider gibt es keine grafisch bessere Version) bei. Druckt sie bitte aus und schlagt Sie an Eurem Gartenzaun oder einer anderen öffentlich einsehbaren Stelle eines Grundstücks, das Euch gehört bzw. Dessen EigentümerIn zustimmt, an. Sendet danach ein Foto an mich und gerne auch an die regionalen Medien und an die Gemeinde Moorbad Harbach. Ladet bitte auch andere Personen ein, die Infotafel auszudrucken und auszuhängen.

Liebe Grüße B.S. (Name der Redaktion bekannt)

Hier finden sie die Originaltafeln, als PDF zum Downloaden und Ausdrucken:

Hier zwei Orte an denen die Tafel schon Aufnahme gefunden hat:

 

Hier der Text zum Nachlesen:

STATION 6

Menschenrechte und Rechtsstaat sind eng miteinander verknüpft. Dazu müssen Menschen

zuallererst als Rechtspersonen, als Träger von Rechten und Pflichten, anerkannt werden.

Dagegen stellt jeder Versuch, Menschen als „Untermenschen“ zu kategorisieren, diese

Personengruppen außerhalb der Rechtsordnung. Sklaven und „Vogelfreie“, die Juden zur Zeit

des Nationalsozialismus oder die des Terrorismus beschuldigten Häftlinge in Guantánamo

Bay wurden nicht als Rechtspersonen gesehen. Damit sind sie eines Teils ihres Menschseins

beraubt.

Manche Menschenrechte wie das Wahlrecht sind auf Staatsangehörige beschränkt. Im

gegenwärtigen politischen Klima der Ausländerfeindlichkeit in Österreich, Europa und vielen

anderen Regionen der Welt kommt es allerdings nicht nur darauf an, nicht staatenlos zu sein,

sondern die „richtige“ Staatsbürgerschaft zu haben.

Menschenrechte zu haben bedeutet ein Recht auf Rechtsschutz und Wiedergutmachung.

Opfer von Menschenrechtsverletzungen müssen das Recht haben, sich vor einem Gericht oder

einer sonstigen unabhängigen Instanz beschweren zu können. Voraussetzung dafür ist

allerdings, dass die Menschen über ihre Rechte informiert werden und kostenlosen Zugang zu

Anwälten haben. Weltweit haben ca. 4 Milliarden Menschen, also knapp zwei Drittel der

Menschheit, keinen effektiven Zugang zur Justiz, sind also vom Rechtsstaat ausgeschlossen.

Aber auch in Österreich sitzen viele Flüchtlinge und MigrantInnen in Schubhaft und haben

keine Ahnung, warum und wie sie sich dagegen rechtlich zur Wehr setzen können.

Das Recht auf gleichen und wirksamen Zugang zur Justiz gilt nicht nur zur Durchsetzung der

Menschenrechte, sondern ist ein genereller Grundsatz des Rechtsstaats. Wer andere wegen

eines erlittenen Unrechts klagen will oder einer Straftat beschuldigt wird, hat das Recht auf

ein faires und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen

Gericht. Bis zur Verurteilung durch ein Strafgericht haben Beschuldigte und Angeklagte das

Recht, als unschuldig zu gelten und nicht von Politik oder Medien vorverurteilt zu werden.

Dieses wichtige Recht wird in Österreich allerdings täglich verletzt, insbesondere von den

Boulevardmedien.

Manfred Nowak, Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte

Von Redaktion

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch Anklicken des Buttons bestätige ich, die Kommentarregeln der Website gelesen zu haben.