OFFENER BRIEF

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin!

Ein Wahlergebnis vor der offiziellen Wahl festzuschreiben und abzusenden, ist verfassungsrechtlich schwer bedenklich. Das Ergebnis der Wahl in Form einer Vorstellung des neuen Vizebürgermeisters und des neuen geschäftsführenden Gemeinderats wurde vor der tatsächlichen Abstimmung am 11. Februar 2021 (ab 19:30 Uhr) in Form einer Postwurfsendung zur Post gebracht. Am 12. Februar vormittags wurde diese schon in Teilen von Moorbad Harbach zugestellt. Nach Recherchen bei der Post muss sie also mindestens einen Tag vor der Wahl aufgegeben worden sein.

Die beiden Kandidaten, DI Roman Prager und Christian Fragner, sind allgemein angesehene Bürger und bestens für diese Aufgaben geeignet. Es ist aber ärgerlich, dass ihre verdiente Wahl durch diesen Fehler überschattet ist. Denn diese Vorab-Veröffentlichung verstößt gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl, wie ein Verfassungsrechtler bestätigt hat.

Es gibt bestehende strenge wahlrechtliche Regelungen, die die Möglichkeit von Manipulationen, Missbräuchen und Beeinflussungen im Wahlverfahren ausschließen sollen. Die Abstimmenden gelten demnach jedenfalls als in ihrer freien Abstimmung beeinträchtigt, wenn klar ist, dass vor der Wahl das Ergebnis feststand und schon ausgesendet wurde. Durch diesen gravierenden Fehler ist die Abstimmung anfechtbar und könnte auf Antrag für ungültig erklärt werden. Diese Vorgehensweise widerspricht klar demokratischen Grundgesetzen.

Eine korrekte Einhaltung einer demokratischen Wahl soll dem Ziel dienen, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie zu stärken. Wahlrecht ist ein Menschenrecht und unterliegt einem besonderen Schutz!

Zitat: „Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes verstößt eine Veröffentlichung von Informationen über Wahlergebnisse vor Wahlschluss, wie insbesondere die Weitergabe an ausgewählte Empfänger …, gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl.“

Wir fordern daher einen korrekten Umgang mit den so schwer erkämpften Regeln der freien Wahl, aber auch der freien Meinungsäußerung. Eine Missachtung grundlegender Normen verstößt gegen demokratische Prinzipien und ist sehr bedenklich.

Mit freundlichen Grüßen Ihre Redaktion von harbach.info

 

Nachtrag: Aufgrund einer Anfrage einer interessierten Leserin stellen wir hier das Entschuldigungsschreiben der Post zum verschwundenen Postwurf vor der Wahl nochmal online. Zur Erinnerung: Der Postwurf hat damals dazu aufgerufen, jedenfalls wählen zu gehen. Unserer Ansicht soll man, wenn man unzufrieden ist, lieber ungültig wählen, als zu Hause zu bleiben. Das bewirkt eher ein Umdenken. Hier also das Schreiben der Post, der Name des Absenders wurde geschwärzt, damit er nicht wie ein anderer Kollege direkt in der Zeitung persönlich angegriffen wird, für etwas, das die ganze Redaktion gemeinsam verfasst hat:-):-)

Von Redaktion

4 Gedanken zu „Bedenklicher Wahlvorgang“
  1. An Hand des Aufgabescheines einer postalischen Sendung kann man deren Status eruieren, bzw. man kann verfolgen, wo die Sendung hängen geblieben ist.
    Du hast ja sicher einen Aufgabeschein, damit kanns du die Sendung verfolgen.
    Kein Aufgabeschein bedeudet soviel wie „nicht aufgegeben“
    LG
    SQ

    1. Klar gibt´s den Aufgabeschein und ein Entschuldigungsschreiben vom Kundenservice Business Backoffice mit der Aussage: “ Unsere Recherchen haben ergeben, dass Ihre Sendungen (bestand ja aus 295 Blättern) nicht in der Zustellbasis (in Linz) eingelangt sind und dadurch nicht zugestellt werden konnten. Das tut uns leid.“ Die wurden also am Postamt weggeworfen. Ich stelle das Schreiben oben in den Artikel. Danke für Ihr – hoppla, ich seh´ gerade Du hast das Du gewählt, dem schließ ich mich gerne an – also danke für Dein Engagement und herzliche Grüße
      Markus Müller

  2. Was ist los in eurer Gemeinde? Einmal verschwindet eine Postwurfsendung vor einer Wahl und ein anderes mal wird der Postwurf zu früh abgesendet- wieder im Zusammenhang mit einer Wahl.

    1. Naja, wir haben das Problem, dass eine Partei, in unserem Fall die ÖVP (kann andernorts natürlich auch eine andere Partei sein, die ihren Machtanspruch zu weit auslegt), seit 2015 als einzige angetreten sind, weil sie die anderen Parteien zermürbt haben. 2000-2005 gab es einen sehr erfolgreichen Bürgerlistenbürgermeister nach ÖVP-Dominanz seit Gemeindezusammenlegung in den 70igern. Danach gab es einen sehr versöhnlichen SPÖ-Bürgermeister (die Bürgerliste hatte nach dem geplanten Abdanken des überaus beliebten Bürgermeisters Stimmen verloren und die SPÖ hatte dazugewonnen.) Schließlich wurde die Wahl 2010 nach beinharter Oppositionspolitik mit 371 Stimmen gegenüber 332 Stimmen der anderen Parteien gewonnen (52%). Daraus wurde abgeleitet, dass nunmehr die ÖVP die alleinige und unumschränkte Macht wieder gewonnen hätte. Es gibt Gemeinderatsbeschluss der das schön beschreibt. Die anderen Parteien, SPÖ und Bürgerliste, haben den Antrag gestellt Ausschüsse, die ein Mitwirken aller anderen Parteien ermöglicht hätten, wieder einzuberufen, wie gesetzlich vorgesehen. Wurde 8 VP zu 5 SPÖ und 2 Bürgerliste abgelehnt:-). Mitarbeit oder gar Einmischung der anderen also nicht erwünscht.

      Daraufhin haben alle anderen Parteien aufgrund Sinnlosigkeit das Handtuch geworfen. In den folgenden Wahlen trat die ÖVP auf der Stelle und erzielte einmal 384 (+5) Stimmen (2015) und einmal 383 (-1) (2020). Sie konnte in Wahrheit niemanden dazugewinnen und schafft es nicht die magische Grenze der 50% bei den Wahlberechtigten zu überschreiten.

      Es gab 2020:
      383 gültige Stimmen für die ÖVP
      145 ungültige Proteststimmen statt 10 wie bei der letzten Mehrparteienwahl (Niederösterreichrekord um ein Vielfaches, trotz des Verschwindens eines postalischen Aufrufs ungültig wählen zu gehen, um der ÖVP zu zeigen, dass sie mehr auf die andere Hälfte Bevölkerung eingehen soll.) und
      247 Nichtwähler statt 84 bei der letzten Mehrparteienwahl 2010.

      Dieses allein und widerspruchslos regieren, macht was mit Regiereden. Die Bevölkerung wird in unserem Fall einfach gar nicht mehr einbezogen und auch gar nicht mehr informiert, um sich „unnötige“ Probleme zu ersparen. Wunderschönes Beispiel ist der für 2021 geplante Gemeindeamtsum- oder neubau um maximal 800.000€ der in der Gemeindezeitung von Dezember 2020 als unterster Punkt der zukünftigen Aufgaben mit drei dürren Worten erwähnt wurde. Drei Worte für 800.000€ bei rund 750 Einwohnern, da kann man schon vom Verstecken sprechen.

      Das Beschreibt ein wenig die Problematik bei uns. Unter anderem deswegen gibt es jetzt diese Seite, um dem Volk wieder eine Stimme zu geben. Wir veröffentlichen gerne Leserbriefe und leiten Fragen an die Gemeinde weiter. Das Ziel ist die Gemeindeführung wieder näher ans Volk zu bringen, indem es wieder positives aber eben auch negatives Feedback gibt. Das ist so wichtig wenn man in einer „Blase der internen Zustimmung“ arbeitet wie die derzeitige Gemeindeführung.
      Danke für Ihr Interesse,
      Markus Müller

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